Hier geht es weiter mit unserer Blogserie aus Skandinavien. Wie die Anreise verlaufen ist, könnt ihr hier nochmal nachlesen.
Am vorigen Abend hatten wir noch schnell den Spielplatz um die Ecke besucht. Leider war dann aber viel zu wenig Zeit dafür vor dem Abendessen, so dass wir nun am nächsten Morgen uns noch einmal zum Spielplatz begeben. So habe ich Zeit das Auto klarzumachen, während die Maus und Anne sich etwas die Zeit vertreiben.
Anschließend setzen wir unsere Fahrt in Richtung Östersund weiter fort. Ein Blogbeitrag, den ich gestern Abend noch gelesen hatte, hat unterwegs die Alternativroute entlang der Straße 84 über Vemdalen und nicht über die E45 empfohlen. Klövsjö sei das schönste Bergdorf Jämtlands. Wir nehmen also diesen Umweg (hätten wir wegen Überschwemmung der E45 vermutlich ohnehin machen müssen) und passieren durch verlassene Skigebiete. Im Sommer ist hier echt nichts los. Man kann sich aber gut vorstellen, dass im Winter hier einiges an Betrieb herrscht. Und die Landschaft muss ein zauberhafter Winterbergwald sein. Vemdalen ist ein sehr lang gezogenes Tal, in dem sich dann gleich mehrere Skigebiete und Orte befinden. Im Sommer gibt es hier aber auch noch einige Startpunkte für Wanderungen immer am Straßenrand. Insgesamt ist hier aktuell aber wenig los. Nur vereinzelt scheinen Leute unterwegs zu sein.
Damit wir noch einen Zwischenstopp auf unserer Tour einlegen können habe ich auf der Tourismuswebseite von Jämtland den Tipp zur Tomtan Kaffeestuga und dem zugehörigen Hjembygdsgård in Klövsjö gefunden. Hjembygdsgårde gibt es hier anscheinend in jeder größeren Kommune. Das sind Heimatmuseen, die üblicherweise von einem örtlichen Verein betreut werden. So auch in Klövsjö. Das Freilichtmuseum zeigt einen alten Bauernhof aus den 1700er Jahren.
Zumindest die ältestete Scheune, die noch steht, stammt aus dieser Zeit. Hier lebten Tier und Mensch noch unter dem selben Dach. Unsere Maus ist fasziniert von der Einrichtung und kann hinter jeder Tür etwas neues entdecken.
Tatsächlich sind ein halbes Dutzend Holzhäuser offen für Besucher, ganz ohne Eintritt. Die neuesten wurden bis ca. 1960 von Olof Johansson noch bewohnt — daher auch der Name des Kaffees. Das muss auch damals dann doch ein recht einsames Leben gewesen sein. Immerhin haben wir mit dem Auto etliche Stunden auf gut ausgebauten Straßen hierher gebraucht. Ich bezweifle, dass das früher schon so funktioniert hat. Insgesamt erinnern die Hütten hier aber durchaus an Almen in der Alpenregion. Ein Bergbauernhof ist in seinen Grundzügen halt irgendwie doch ähnlich.
Nach dieser spannenden Entdeckungstour gönnen wir uns wieder eine typisch schwedische Fika. Also wieder Kaffee mit Waffeln und dieses Mal sogar draußen im Freien unter blauem Himmel und mit strahlender Sonne. Hier lässt es sich wirklich aushalten. Das ist auch das erste Mal, dass wir so richtig für längere Zeit bei Sonne in diesem Urlaub draußen sitzen können. Definitiv sehr entspannend.
Nach dem Abstecher in das schöne Tal kommen wir dann zurück auf die Hauptstraße E45 und fahren direkt weiter in Richtung Östersund. Der Wald lichtet sich hier immer mehr und wir fahren häufiger durch kleine Ortschaften, die nun in der Sonne auch schick erstrahlen. Über zwei grandiose Brücken fahren wir dann unter strahlender Sonne in Östersund am Hafen ein. Regelrechter Jubel bricht bei uns aus, als wir die Tür öffnen und feststellen, es sind über 20°C hier, T-Shirt Wetter und wir holen sogar noch unsere Sonnenbrillen hervor. Was für ein Segen!
Das ist genau das gleiche Gefühl, wie wenn man aus dem verregneten Heimatland kommt und in Palma aus dem Flugzeug steigt. Nur dass wir dasselbe hier gerade auf Höhe des Denali Parks in Alaska oder Sankt Petersburg in Russland erleben. Durchaus unerwartet und eine echte Belohnung für unsere zweitägige Flucht aus dem von Unwetter geplagten Süden Schwedens. Die erste Reaktion von der Maus beim Anblick des Hafens war zwar: „Boote!” und der Spielplatz war spontan uninteressant. Das hielt aber zum Glück nicht lange an und nun heißt es wieder ab auf den Spielplatz mit der Maus. Somit verbringen wir die Zeit bis zum Abend mit Spielen und Toben. Bei dem hervorragenden Wetter wollen wir heute mal richtig Pause machen und lassen uns für das Abendessen Pizza beim Italiener servieren. Mit frischer, echt italienischer Pizza draußen auf der Terasse fühlt es sich hier ein bisschen an wie am Gardasee. Ok, vielleicht doch nicht ganz. Aber sehr nah dran auf jeden Fall.
Während wir auf dem Weg sind weiter in Richtung Norden, wäre die nächste Station nun eigentlich Storuman. Nach nur etwa einer halben Stunde Fahrt fragt mich Anne, wo denn nun dieser Vildmarksvägen sei. Ein kurzer Blick auf die Karte offenbart, dass die entsprechende Abzweigung nun kurz bevorsteht. Entsprechend planen wir mal wieder um. Anscheinend ist dies nun das Motto dieser Reise. In Strömsund biegen wir also ab auf den Vildmarksvägen und suchen uns erst nach Sonnenuntergang einen ruhigen Schlafplatz auf einem kleinen Rastplatz nahe am Wasser. Da dies heute ein langer Tag war, fallen wir danach nur noch schnell ins Bett und die Maus schläft schon bevor wir überhaupt uns fertig umgezogen haben.
Am nächsten Morgen machen wir nur ein schnelles Frühstück. Dann geht es gleich weiter ca. eine halbe Stunde zum nächsten Wasserfall. Das dachten wir zumindest. Als ich das Navi einschalte, behauptet es plötzlich entgegen dem vorherigen Abend, dass der Weg noch eine Stunde dauern würde. Naja, wie auch immer, in jedem Fall brechen wir nun auf. Nach nur zwei Minuten biegen wir bereits auf die Zielstraße ein, die uns zum Wasserfall bringen soll. Das ist nur noch eine Schotterpiste und uns wird klar, warum die verbleibenden 30 km nun fast eine Dreiviertelstunde benötigen sollen. Zum Glück dauert es am Ende dann doch nicht so lang und nach insgesamt ca. 40 Minuten stehen wir am Wanderparkplatz des Wasserfalls Hällingsåfallet.
Leider beginnt nun schon wieder der Regen. Mittlerweile schreckt uns das aber nicht mehr ab und wir verpacken die Maus ins Tragegestell unter ihr Regencape und ziehen unsere Regenjacken an. Schon kann es losgehen auf die nächste Wanderung zum Wasserfall. Der Weg ist recht einfach und nach nur etwa 150 m erreicht man bereits den ersten Aussichtspunkt auf den Wasserfall. Auch hier hat es in den letzten Tagen natürlich einiges an Regen gegeben und so ist der Wasserfall auch hier deutlich größer als normalerweise.
Wir haben natürlich aus unserem Fehler vom letzten Mal gelernt und lassen die Maus gleich bei unserer ersten Runde um den Wasserfall auch ein paar Schritte selbst laufen. Hier macht sie natürlich wieder begeistert mit ihrer Fotokamera Fotos vom Wasserfall.
Zurück im Auto setzen wir unsere Tour fort, weiter auf dem Vildmarksvägen und peilen als nächsten Stopp den Ort Gäddede an, der in nur 30 Minuten Entfernung liegt. Auch hierhin führt der Weg ausschließlich über eine Schotterpiste und nun darf Anne zeigen, wie sie den Slalom um die Schlaglöcher meistern kann und ich nutze die Zeit für ein paar Notizen.
Währendessen fand zwischen uns folgende Konversation statt: Ich: „Jetzt habe ich ein Doppel-Ä in meinem Satz” Anne: „Seit wann schreibst du auf Finnisch?“ Wie ist wohl unsere Fahrt verlaufen?
Lange habe ich auf jeden Fall nicht durchgehalten. Bei diesem Geholpere muss der Text warten, sonst wird mir schlecht…
In Gräddede haben wir dann wieder nur einen kurzen Kaffeestopp mit Waffeln eingelegt. Überrascht hat uns dann die Inhaberin dieses Kaffees, die hier in der Abgelegenheit uns auf Deutsch geantwortet hat. Sie war 12 Jahre Testfahrerin für VW. Im Anschluss geht es weiter über den Vildmarksvägen in Richtung Samenland (ehem. Lappland). Die Maus vergnügt sich die Zeit mit einem Mittagsschläfchen.
Bei Stekenjokk verändert sich die Landschaft dann schlagartig. Wir sind plötzlich auf der Hochebene oberhalb der Baumgrenze angekommen. Bei knapp unter 1000m über dem Meeresspiegel gibt es hier nur noch Weideflächen. Und damit beginnt hier das Weideland der Samenhirten für ihre Rentiere. Hier ist eine ähnliche endlose Weite, wie wir sie schon in der Hardangervidda in Norwegen erlebt haben. Nur ist es hier deutlich bergiger. Gegen Ende des Weges können wir dann auch selbst die Rentiere bewundern und halten mehrmals am Straßenrand, um ein paar Fotos zu machen.
Wir wollen heute Abend noch ein Stück weiter fahren und so gibt es kein großes weiteres Programm mehr.
Da er direkt an unserem Weg liegt, habe ich für das Abendessen völlig unmotiviert den Wasserfall Trappstegsforsen rausgesucht. Man kann wohl direkt am Wasserfall parken und es liegt auch direkt an unserer Route — also keine extra Umwege auf der ohnehin schon langen Tour. Überrascht wurden wir dann mit dieser Aussicht.
Es ist wirklich ein Drive-In Aussichtspunkt. Man parkt wortwörtlich direkt vor dem Wasserfall. Und während wir mit dieser Aussicht unser Abendessen vorbereiten, kommt auch noch die Sonne heraus. Bei diesem Licht schicken wir nochmal unseren Vogel in die Luft und bestaunen die vielen Stufen des Trappstegsforsen im glänzenden Sonnenlicht.
Danach fahren wir auf dem Sagavägen weiter. Weil es gestern Abend so gut mit uns funktioniert hat, wollen wir heute Abend nochmal mehr Kilometer fahren, damit der Restweg nach Norwegen nicht mehr so weit ist. Dabei erstrahlt die Landschaft im roten Licht der untergehenden Sonne. Ein wirklich herrlicher Anblick und wir machen eindeutig viel zu viele Fotos und Videos von der Landschaft.
Leider möchte unsere Maus heute Abend so gar nicht im Autositz einschlafen, so dass wir früher als geplant uns wieder einen Rastplatz an der Straße zur Übernachtung raussuchen. Auch hier haben wir wieder einen tollen Blick über eine geschützte Bucht an einem Fluss. Da es heute noch früher ist, kann ich euch von dem spiegelglatten Wasser auch noch ein paar Fotos präsentieren. Ob ich das Bild um 180° gedreht habe, müsst ihr schon selbst herausfinden. Ihr könnt eure Tipps zu den nächsten drei Bildern gerne in den Kommentaren abgeben.
Hier noch ein paar mehr Impressionen vom Blåvägen.
Am nächsten Morgen haben wir noch eine Menge Spaß, mit unserer Maus Steine in den Fluss zu werfen oder über das Wasser springen zu lassen. Leider ist ein leichter Wind aufgekommen, so dass wir die Bootstour, die wir beim Frühstück noch geplant hatten, wieder ausfallen lassen müssen. Mit nur einem kurzen Mittagsstopp in dem Skiort Hemavan geht es direkt weiter auf unserer Route. Unterwegs hatten wir noch einen Laden für samisches Kunsthandwerk gesehen. Leider hat dieser sonntags (heute) geschlossen. Somit gibt es auf den letzten 150km in Schweden für uns nichts mehr zu tun.
Und hiermit tauschen wir wieder ö und ä mit ø und ae. Wir sind wieder in Norwegen. Zuerst haben wir in Mo i Rana den Campingplatz angesteuert. Nachdem unser Navi aber erst beim dritten Versuch eine fahrbare Route identifiziert hat, kommen wir recht unbegeistert vor einer trostlosen Wiese etwas außerhalb im Industriegebiet an. So richtig überzeugen kann uns das nicht.
Daher greift mal wieder das Motto dieser Reise: Es wird umgeplant! Wir steuern also zunächst eine kleine Entsorgungsstation in Mo i Rana an, das ist einfach dringend notwendig. Unterwegs halten wir Ausschau nach einem Supermarkt. So früh, wie wir heute auf einem Campingplatz ankommen könnten, wäre noch gut Zeit für unseren typischen Camping-Blaubeer-Kuchen. Den liebt die Maus über alles. Aber Blaubeeren bräuchten wir dann halt schon noch… Leider sind wir Expat-Dänen aber anscheinend zu verwöhnt. Hier hat leider kein Supermarkt am Sonntag geöffnet. Als wir am anderen Ende der Stadt endlich einen finden, ist der von Touristen natürlich nur so überschwemmt und wir verlieren im großen Supermarkt und der langen Schlange an der Kasse viel Zeit. Als wir endlich in Røssvoll etwas außerhalb von Mo i Rana auf dem kleinen gemütlichen Campingplatz eintreffen, ist zwar noch genug Zeit für jede Menge Spielplatzspaß für unsere Maus, aber einen Kuchen zu backen macht um Viertel nach Vier nun keinen Sinn mehr.
Stattdessen nutzen wir die Zeit, um eine Runde Wäsche zu waschen, den ersten Blogartikel endlich fertig zu schreiben und endlich einmal draußen zu Abend zu essen und noch sitzen zu können. Anscheinend mussten wir erst bis kurz vor den Polarkreis fahren, um wieder Ruhe finden zu können.