In einem Youtube Video haben wir den Tipp gefunden, einen Abstecher über die Touristenstraße „Gamle Strynefjellsvegen” zu machen. Dies ist ein alter Verbindungsweg zwischen zwei Tälern. Er führt über das Strynefjell, eine Hochebene, und wurde mittlerweile durch mehrere Tunnel für die alltäglichen Fahrten ersetzt. Der alte Weg wurde bereits Ende der 1800er Jahre in Handarbeit angelegt. Geblieben ist aber eine wundervolle Strecke durch eine Einöde, die anscheinend von nicht vielen frequentiert wird. Hier sind wir beinahe alleine unterwegs und treffen nur wenige andere Leute. Für einen Halt ist uns das Wetter zu schlecht und so genießen wir lediglich die Aussicht, während unsere Maus von der Schotterpiste in ein ruhiges Nickerchen geschüttelt wird.
Ein paar Fotostopps, um euch die Landschaft zu zeigen, haben wir natürlich trotzdem eingelegt.
Am Ende dieser Straße kommen wir zurück auf unseren ursprünglichen Weg und fahren weiter nach Lom. Hier waren wir ja schon vor ein paar Tagen und kehren bei der bereits erprobten Kafeteria erneut ein. Wir haben schließlich wieder ein paar Videos hochzuladen. Auch einen kleinen Einkaufsstopp können wir dabei erledigen, da der Supermarkt gegenüber ist. Das macht es mit der Maus einfacher und es genügt, wenn einer schnell hinüber geht und der andere mit der Maus das Café unsicher macht.
Nach dieser ausgiebigen Rast können wir weiterfahren. Als nächstes steht eine weitere Touristenstraße durch das Sognefjell an. Da diese sehr lang ist und wir nur noch wenig Lust auf Autofahren haben — wir sind ja schon heute vormittag sehr lange unterwegs gewesen — suchen wir recht schnell nach einer Übernachtungsmöglichkeit. Da uns die Einsamkeit zuletzt so gut gefallen hat, beschließen wir wieder eine Stichstraße zu nehmen und fahren einen schmalen Weg durch das Leirdal zu einer Wanderhütte hinauf. Hier ist wildes Camping verboten, gegen eine kleine Gebühr (11€ pro Person) kann man aber die Nacht hier in seinem Wohnmobil verbringen und auch die Sanitäranlagen der Hütte mit benutzen.
Die Aussicht ist grandios. Wir sind umzingelt von über 50 mehr als 2000m hohen Gipfeln und können mehrere Gletscher und Schneefelder sehen. Außer der Hütte und ein paar Autos von Wandergästen ist hier nichts als Berge, Seen und Wiesen zu sehen. Eine wirklich karge und gleichzeitig auch faszinierende Landschaft. Auf einem Schild entdecken wir, dass die Region auch im Winter zu sportlichen Aktivitäten einlädt. Dann ist ein Großteil der Region nämlich als Langlauf- und Skitourengebiet erschlossen.
Wir hatten eigentlich geplant am nächsten Morgen entlang des großen Sees direkt vor uns und hinter einer Kuppe zu einem weiteren See zu wandern. Leider regnet es aber ununterbrochen und wir fahren ohne Wanderung weiter. Dieses Mal muss das Genießen der Aussicht hier wohl genügen.
Bei immer wiederkehrenden Schauern geht die Fahrt nun weiter wie geplant durch das Sognefjell. Und während das Leirdal zuvor auch schon Gletscher bot aber gleichzeitig auch Einsamkeit, ist das Sognefjell übersät mit riesigen Gletschern und aber auch durchaus einigen anderen Touristen. Durch die riesige Fläche, die man hier überblicken kann wirkt das zum Glück noch nicht allzu störend. Zu majestätisch erhebt sich die Landschaft hier und zeigt nach jeder Kurve neue Facetten. Diese prächtige Straße ist auch der höchste Bergpass Nordeuropas.
Uns fallen unterwegs immer wieder auch Rennradfahrer auf, die teilweise als Bikepacker — also Fahrräder mit minimalistischen Packtaschen — aber auch als organsierte Touren mit Gepäcktransport unterwegs sind. Im Nachhinein haben wir schon festgestellt, dass so bekannt wie der Trollstig ist, diese nur bedingt als Radstrecke zu empfehlen sind. Wir würden das definitiv nur am Rande der Saison mit dem Rad fahren. Am besten ein paar Tage nachdem die Straße für Autos im Winter bereits gesperrt wurde. Oder im Frühjahr kurz vor der Öffnung. Ansonsten herrscht hier mit Reisebussen und dem allgemeinen Touristenverkehr einfach viel zu viel Durcheinander, als dass man die Radfahrt hier hoch genießen könnte. Zumindest für den serpentinenreichen Trollstig gilt dies. Die andere Seite hinab nach Geiranger ist schon eher interessant mit dem Rad zu fahren und auch hoch nach Dalsnibba ist einen lohnenswerte Tour.
Noch schöner wird wohl eine Radtour durch das Strynfjell sein. Hier sind uns schon mit dem Auto kaum Menschen begegnet und die Straße ist wohl unbekannt genug, dass man hier eine Radfahrt fast alleine genießen kann. Allerdings sollte man nicht zu zimperlich sein. Schlaglöcher gibt es dort in Massen.
Das Sognefjell ist zwar ähnlich voll wie der Trollstig, die Straße ist aber breiter und ist somit trotz Verkehr noch sinnvoll als Radtour bewältigbar. Achso… im Leirdal ist uns sowohl auf dem Hin- als auch auf dem Rückweg kein einziges Auto begegnet. Wer maximale Ruhe auf dem Rad sucht, ist hier wohl goldrichtig.
Am Ende des Sognefjells gelangt man hinab zum Sognefjord. Die Straße am Fjord entlang bietet immer wieder tolle Aussichten auf den Fjord und wir rauschen das Tal regelrecht hinab auf der Suche nach einem neuen Übernachtungsplatz. Diese Region ist nicht so üppig mit Parkmöglichkeiten ausgestattet und wir werden wohl einen der verstreuten Campingplätze ansteuern müssen. So richtig begeistern kann uns keiner. Doch halt! Moment! Was stand da eben an der Straße? Nigardsbreen? — Bre ist norwegisch für Gletscher. Ein Wegweiser zu einem Gletscher? Heißt das, man kann da einfach hinfahren? Eine kurze Recherche ergibt, ja man kann da bis fast ranfahren und der Nigardsbreen ist der am leichtesten zugängliche Gletscher in Norwegen. Kurz vor dem Eingang gibt es einen Campingplatz. Na, wenn das nicht ein Ziel für die nächste Nacht ist!
Angekommen ergattern wir noch einen schönen Platz auf der Wiese und können den Abend genießen. Die Frau von der Rezeption hat uns noch eine Karte mitgegeben und so sind wir für morgen bereits startklar.
Am Nigardsbreen gibt es auch wieder ein Besucherzentrum. Nach dem etwas ernüchternden Angebot an der Trollwand verzichten wir aber darauf und fahren gleich weiter zum Wanderparkplatz. Von hier soll ein Weg knapp 3km direkt bis zum Gletscher führen. Die Maus nimmt also Platz in ihrem Tragegestell und los geht es. Der Weg ist um Welten einfacher zu gehen als unsere Wanderung zum Bispenvatnet. Stellenweise durchaus anstrengend aber so gut markiert und durch Brücken, Treppen und Handseile so gesichert, dass alles wirklich kein Problem mehr ist.
Nach einer guten Stunde quert man eine Brücke über den Gletscherfluss, der vom Schmelzwasser desselben gespeist wird. Hier schwimmen noch größere Stücke Gletschereis im Wasser. Der Gletscher liegt dann auch riesig direkt vor uns. Bis ca. 50m kann man direkt herangehen, in die Höhle blicken, aus der das Schmelzwasser in Massen herausläuft. Ein wirklich beeindruckendes Spektakel. Interessant ist auch zu erfahren, wie die kalte Luft über dem Gletscher regelrecht ins Tal herabschießt. Uns kommt starker, wirklich eiskalter Wind vom Gletscher entgegen. Hier halten wir es alle nicht lange aus und machen uns daher geschwind an den Rückweg. Nun mit etwas mehr bergab als bergauf benötigen wir nur eine dreiviertel Stunde und sind zurück am Auto. Zeit für eine kurze Mittagsrast.
Unser nächstes Ziel sind die Orte Aurland und Flåm. Dorthin gibt es zwei Strecken. Die neue führt durch den längsten Tunnel der Welt, die alte mal wieder über eine Hochebene, das Aurlandfjell. Klar, dass uns Landschaft mehr interessiert als 25km unterirdische Felsen. Es geht also hoch zum Aussichtspunkt Vedahaugane und seiner doch etwas seltsamen Höhle. Was nicht alles Kunst sein soll… Die Nacht können wir hier in jedem Fall gut verbringen und sind am nächsten Morgen direkt am Start für die nächste Touristenstraße. Jene durch das Aurlandfjell.
Auch hier gibt es wieder herrliche Weiten zu bestaunen, einzelne Seen, hin und wieder Gletscher in der Ferne und zu Beginn auch Feuchtwiesen und -hänge, die mit ihren Farnen schon fast eine Art subarktischer Regenwald sein könnten.
Am Ende dieser Straße kommen wir an der Aussichtsplattform Stegastein vorbei. Hier werden von Aurland zahlreiche Touristen hochgekarrt, der Rest fährt selbst hinauf. Entsprechend voll ist hier wieder die Straße und auch der Parkplatz. Eine Radtour ist auch hier wieder wenn nur in Randzeiten zu empfehlen.
Wir können die Aussicht gerade so noch vor Einkunft der Massen mit nur mäßigem Betrieb bestaunen und fahren sogleich weiter.
Letzte Nacht an der Höhle hatten wir keinen Internetempfang und konnten unser Tagesprogramm nicht vorbereiten. Bei dem Stopp am Stegastein mussten wir aber feststellen, dass unsere beiden angepeilten Punkte, eine Fährfahrt und eine Bahnfahrt, beide wenn überhaupt in Flåm stattfinden würden. Was man in Aurland so tun kann, wissen wir nicht. Also überspringen wir es auch gleich.
Leider sind für heute alle Fähr- und auch die Bahnrundfahrten ausgebucht. Etwas ratlos überlegen wir, was wir stattdessen tun. Man kann die Bahnstrecke auch hochwandern, oder mit dem Rad fahren. Das wären nur 20km. Nicht wirklich weit. Ein Check auf komoot sagt aber über 800 Höhenmeter voraus. Mit unserem Anhänger könnte das doch eher sportlich sein.
Im Touristenbüro finden wir dann aber doch noch die Lösung. Wir können eine Einzelfahrt für uns alle und auch unsere Fahrräder und den Anhänger nach oben buchen und dann nur die Abfahrt ins Tal machen. Das klingt doch perfekt!
Gesagt, getan. Mit nur 45 Minuten Vorbereitungszeit sind die Räder ausgepackt, aufgepumpt, der Wagen angehangen, Verpflegung eingekauft und wir stehen am Gleis und suchen etwas irritiert nach jemandem, der uns sagt, wo wir jetzt eigentlich hin müssen. Die Räder werden dann schnell professionell verladen und wir nehmen 10 Minuten vor Abfahrt in unseren Sportklamotten Platz zwischen all den anderen Touristen, die sich wohl wandernd oder mit geliehenen Mountainbikes auf den Rückweg machen werden. Unser Zug nimmt Passagiere nur nach oben mit. Die Bahn schlängelt sich über ihre 20km immer weiter durch ein sehr schmales Tal nach oben. Durch insgesamt 20 Tunnel geht es und für die Strecke, die über 800 Höhenmeter überwindet wurden ursprünglich ca. 20 Jahre Bauzeit benötigt. Es gibt unterwegs sogar einen 5 minütigen Stopp an einem Wasserfall, um Fotos zu machen. Kurz danach können wir die Serpentinen unseres Radwegs sehen. Das letzte Stück der Auffahrt zu unserem Startort Myrdal ist sehr steil und daher in 21 Kehren gestückelt. Gut, dass wir nur bergab und nicht bergauf fahren wollen.
Am Bahnhof von Myrdal sind wir fast schon überrascht, dass das wirklich so einfach funktioniert hat, wie die Frau am Ticketschalter versprochen hatte. Sowohl unsere beiden Räder als auch der Anhänger für die Maus sind wohlbehalten oben angekommen und im Handumdrehen sind wir startklar für unsere gemütliche Abfahrt ins Tal — so hatten wir uns das zumindest vorgestellt. Gleich nach dem Queren der Gleise finden wir jedoch einen ziemlich grob geschotterten Wanderweg vor, den auch die meisten Mountainbiker noch bergab schieben. Wir denken gar nicht erst daran, zu probieren das zu fahren und schieben die ersten 100m unsere Räder bergab. Dann kann es endlich losgehen und wir rollen die ersten Meter. Bis wir nach vielleicht weiteren 200m ein Schild finden „steile Abfahrt, enge Kurven, schiebe dein Rad!“. Ok, dann machen wir das mal. Wir werden bis zum Ende nicht wissen, ob damit nur diese eine Kurve gemeint war oder die 21 Serpentinen, die wir schon aus der Bahn gesehen haben. In jedem Fall bleibt der Weg so lose und weich und gleichzeitig so steil, dass wir alle Kehren und damit insgesamt ca. 1.5km unsere Räder und den Anhänger bergab schieben müssen. Naja. Mein Rad, das mit dem Anhänger, wohl eher bremsen. Denn bei diesem Gefälle und dem losen Untergrund versagen die Bremsen und genügen nicht mehr, um das Gespann zu bremsen. Anne läuft also immer ein Stück vor, deponiert ihr Rad in einer Kurve, kommt zurück und während ich das Rad von unten bremse, bremst Anne den Anhänger von oben und nur so können wir viele der steileren Abschnitte bewältigen. Kein Wunder, dass Anne laut ihrer GPS Uhr währen dieses Teilstücks von 1,5km knapp 3km Strecke zurückgelegt hat. Im Internet wurde diese Einzelfahrt mit der Bahn auch als Rad- und Wanderticket betitelt. Irgendwie war uns nur nicht klar, dass man dann auch Radfahren UND Wandern muss.
Wie auch immer. Nachdem wir die steilen Serpentinen hinter uns haben, sind wir auf einem festeren Forstweg und mit nicht mehr ganz so viel Gefälle zurück in unserem Element und rauschen den Berg hinab. Jetzt können wir die Ruhe dieses Tals, das mit Autos fast nicht zu befahren ist, wirklich genießen.
Unser etwas ungeplantes Wanderhighlight am Abend hat dazu geführt, dass wir jetzt etwas spät dran sind. Wir fahren schnell durch Stalheim und übernachten an einem See kurz danach. Stalheim war wohl der erste touristisch erschlossene Ort in Norwegen. Er war leicht von Bergen aus zu erreichen und bereits zuvor lag hier eine wichtige Poststation auf dem Weg zwischen Oslo und Bergen. So war man dort regen Reiseverkehr gewohnt und schon früh gab es erste Herbergen und Unterkünfte. Selbst Kaiser Wilhelm II. hat hier wohl mehrere Sommer in Folge Urlaub gemacht.
Nachdem wir die letzten Tage so viel im Auto gesessen haben, und viel erlebt haben, steht heute definitiv mal wieder ein Tag ausruhen an. Wir fahren nur eine halbe Stunde weiter nach Voss. Ein nur etwas größerer Ort, der mit seinen vielen Geschäften uns zum Bummeln verführt. Unterwegs haben wir noch schnell einen Einkaufsstopp eingelegt und uns auch mit neuem Gas versorgt. Glücklicherweise ist unser dänisches Flaschensystem mit dem norwegischen 1:1 kompatibel und wir brauchen am Automaten nur unsere alte Flasche gegen eine neue zu tauschen. Schön einfach!
Für die Nacht haben wir uns dieses Mal einen Campingplatz kurz vor Voss ausgesucht. Hier gibt es auch den Wasserfall Tvindefossen, der mit seinen tosenden Wassermassen von unserem Stellplatz aus direkt zu sehen ist. Vielleicht 200m vor uns stürzt das Wasser die Wand hinab. Bei dieser Kulisse können wir endlich auch mal unsere Wäsche waschen, mit der Maus mit den Steinchen am Platz spielen, Kuchen backen und einfach das Leben in der Natur genießen.