Nach dem ersten Teil des Umzugs ist die Wohnung in Unterschleißheim schon reichlich leer. Sollte man zumindest meinen…
Es ist also unausweichlich, wir brauchen eine zweite Runde des Projektes Umzug.
Einige Tage zuvor hat mich noch unser Vermieter schockiert und mir offenbart, dass sowohl die großen Kleiderschränke aus dem Schlafzimmer als auch die Waschmaschine aus der Wohnung müssen. Er hätte sie geschenkt haben können… Aber nein… Sie sollen weg. In einer kleinen Großaktion habe ich also Alex (auch bekannt als Büro-Alex) aus dem Corona-bedingten Homeoffice zu mir geordert. Gemeinsam hieß es also einen ganzen Nachmittag lang, Möbel zerlegen, Teile auf die Terrasse tragen, ins Auto einladen, zum Wertstoffhof rasen, ausladen und die letzten drei Schritte etwa 5 Mal wiederholen. Irgendjemand hat in Unterschleißheim nämlich erfunden, dass der Wertstoffhof nur zu begrenzten Uhrzeiten auf hat. Und das Möbel zerlegen wäre bei den großen Schränken alleine beinahe völlig unmöglich gewesen.
Es hat sich bereits bei der Entsorgung der Kleiderschränke gezeigt, mit zwei Händen bin ich einfach zu schlecht ausgestattet, um den Rest an einem Tag zu bewältigen.
Während ich also gemütlich beim Bäcker frühstücke, ist meine Unterstützung bereits in Anflugfahrt.
Während ich am Abend zuvor mit Annes Kollegin, Alex oder auch Astro-Alex, noch einen großen Teil der Küche verpackt habe, sind heute die letzten Reste dran. Die Wohnung muss noch geputzt werden und das Auto beladen. Bardzo dziękuję, Alex! Although on short notice, you helped really a lot with packing up all the mess :-). Und ebenso vielen Dank an Annes Mama. Bei der muss man echt aufpassen, dass man nicht unter den Mopp gerät. Sonst gibt es Blutflecken…
Dieser Akt begann eigentlich schon am Abend zuvor. Ich wollte ihn aber nicht zu sehr auseinander reißen… Unseren Holzkohlegrill dürfen wir in der neuen Wohnung auf dem Balkon nicht mehr verwenden. Entsprechend hatte ich ihn bei eBay Kleinanzeigen innerhalb einer Stunde verkauft bekommen. Da dachte ich, probieren wir das doch auch mit der Waschmaschine. Interessenten gab es wirklich einige, mir war nur wichtig, jemanden zu finden, der sie schnell abholt und sich idealerweise auch selbst um alles kümmern kann. Mein Elan das Ding zu schleppen ist nach der Sofa-Erfahrung doch recht gering. Wie das bei Kleinanzeigen oft so ist, erschien unsere erste Verabredung zur Abholung jedoch nicht. Auf Nachfrage hat man mir dann doch mitgeteilt, dass man es heute nicht mehr schafft und morgen früh kommen könne. Nochmal nachgefragt wurde ich angebettelt doch bitte beim Tragen zu helfen, ihr Mann könne das nicht alleine machen. Ach echt?! Deswegen habe ich zuvor doch geschrieben, man möge sich bitte selbständig um Helfer kümmern… Also gut. Ich habe noch mehr Interessenten. Dieser Familie habe ich entsprechend abgesagt und den nächsten einen Versuch genehmigt. Nur zwei Stunden später, steht eine Studentin, ein riesiger Transporter und ihr Kumpel vor der Tür. Ich würde tippen, er ist irgendwas zwischen Waldschrat, Bodybuilder und Türsteher. Das schaut doch vielversprechend aus. Die Maschine ist also auf dem Weg die Treppe hoch. Und wer trägt? Klar… Ihr Kumpel und ich. Was soll man schon machen, wenn man gefragt wird: „Hilfst du mir gerade oder soll sie mit tragen?“. Nun gut meine Dienstleistung wurde dafür mit entlohnt. Für 40€ hatte ich die Maschine angeboten, 50€ haben wir bekommen. Ich wusste nicht, dass ich im Verhandeln SO gut bin…
Wenn man viele Kartons, viele Möbelteile, viele Kleinteile und einen riesigen Transporter hat, gibt es einiges zu beachten.
Es hat natürlich wieder alles viel länger gedauert als geplant. Dank der tollen Unterstützung würde ich das Ergebnis dennoch einen Erfolg nennen! Nochmal einen großen Dank an Büro-Alex :-D!
Ab hier hieß es dann: Vollstoff auf der Autobahn. Oder zumindest so viel, wie ein voll beladener Transporter eben hergibt. Das ist zwar mehr als bei unserem Mini-LKW von letztem Mal, Geschwindigkeitsrekorde stellt man auch hiermit nicht auf. Zudem sind Andrea und ich reichlich müde. Immerhin waren wir beide seit früh morgens auf den Beinen und aktiv und das Abendessen lockt erst so gegen 22 Uhr. Hatte Andrea nicht was von Schokolade erzählt? Irgendwie landete die dann wohl eher auf dem Fußboden und nicht in meinem Mund… Sowas doofes. Immerhin war ich schlau genug noch eine unsere Radtrinkflaschen mit Wasser aufzufüllen. Zeit für eine Erfrischung! Nach langem Knobeln gibt man resigniert auf: „Hier ist keine Wasserflasche.“
Nun gut, die Kilometer sind zäh, aber das Abendessen lockt und wir düsen die ungefähr 360km dahin. Am Ziel angekommen folgt ein kurzer Ladungscheck und die Erleuchtung. Klar, die Wasserflasche ist hinten im Eimer bei den Putzmitteln!
Auch wenn der Start für die lange Fahrt von Fulda nach Kopenhagen erst für heute Mittag geplant ist, bin ich dennoch mit Annes Eltern morgens aufgestanden, um das gemeinsame Frühstück nicht zu verpassen.
Bis zum eigentlichen Aufbruch um kurz nach 12 Uhr wird also nur Proviant besorgt, um die Stopps unterwegs so kurz wie möglich zu halten, und mein Kaffeereservoir wieder aufgefüllt — da hatte sich gestern vor lauter Packerei ein größeres Defizit ergeben.
Um kurz nach 12 Uhr starten meine Mama und ich also durch nach Kopenhagen. Man muss seine Helfer ja immer schön durchrotieren, damit die schön ausgeruht sind, während man selbst immer langsamer arbeitet… Leider geht hier der Plan nicht so ganz auf. Die Hessen diskutieren den gesamten Nachmittag darüber, ob sie nun die Schulen wegen Corona schließen sollen oder nicht. Da steht das Handy natürlich nicht lange still und meine Begleitung an Bord beantwortet eine Whatsapp-Nachricht nach der anderen. Eine kurze Tankpause erlaubt dann auch auf dem Handy noch schnell den Livestream der Hessenschau zu starten. Nun ist es klar, die Schulen machen ab Montag zu. Wäre das also geklärt. Um den Stau zu umfahren, schickt uns das Navi inzwischen im wahrsten Sinne des Wortes über Stock und Stein, also über Kopfsteinpflaster und gerade so asphaltierte Forststraßen, durch den Wald irgendwo kurz vor Hamburg. Die Dörfer hier sind echt hübsch. Die Straßen aber nicht unbedingt Transporter-tauglich.
Es ist bereits kurz nach Sonnenuntergang als wir nur noch wenige Kilometer vor Flensburg und damit der deutsch-dänischen Grenze sind. Da lese ich auf meiner Uhr eine Whatsapp-Benachrichtigung von Annes Papa: „Da schafft ihr es ja noch. Ab morgen 12 Uhr ist die Grenze dicht.“ Ich hatte ja erst vor 5km angehalten. Entsprechend irritiert ist man, als ich schon wieder auf den Parkplatz rausfahre und mich über den Grund ausschweige. Erst als wir stehen, offenbare ich, was ich eben gelesen habe. Eine kurze Internetsuche ergibt, es stimmt, die Dänen lassen ab morgen Mittag 12 Uhr keine Ausländer mehr rein. Uns ist nun völlig unklar, was das genau bedeutet. In Kombination mit den Schulschließungen in Hessen entscheiden wir aber, dass es besser ist, wenn ich alleine weiter nach Kopenhagen fahre und meine Mama mit der Bahn zurück nach Fulda fährt.
Flensburg ist die nächste Abfahrt und damit auch die letzte vor Dänemark. Von hier an geht es die letzten knapp 300 Kilometer mit Anne am Telefon im Eiltempo nach Kopenhagen. Lediglich um ein paar Helfer zum Ausladen zu organisieren, gewähre ich Anne eine kurze Telefonpause.
Während die Ankunft um halb 12 Uhr nachts nicht unbedingt erfreulich ist, ist meine Begeisterung jedoch hoch, als ich erfahre, dass Anne tatsächlich zwei Helfer noch für diese Uhrzeit hat finden können. Einer ihrer Kollegen, Alejandro, und ihre Chefin, Marianne, sind tatsächlich jetzt noch zu uns gefahren und unterstützen uns beim Ausladen. In gut zwei Stunden ist damit unser Auto endlich leer.
Letztes Mal haben wir mit unserem Mini-LKW gleich um die Ecke auf einem Parkplatz geparkt, mit der Handy-App ein Ticket gelöst und am nächsten Morgen dennoch ein Knöllchen fürs Falschparken kassiert. Das wollen wir dieses Mal vermeiden und studieren die App genauer. Das Ergebnis: Mit der App lassen sich nur Parktickets für Autos mit dänischen Kennzeichen kaufen. (Zumindest vermuten wir das.) Einen Ticketautomaten gibt es hier aber weit und breit nicht.
Also suchen wir nach einem anderen Parkplatz. Doch, überall ist es das Gleiche: Keine Parkautomaten und immer wieder die gleiche App, die uns nicht hilft. Nun könnte man ja auch einfach falsch parken und das Ticket bezahlen. In Kopenhagen kostet das jedoch knapp 100€. Also weiter suchen. Parkhäuser gibt es hier einige, da gibt es auch Automaten. Aber unser Transporter ist zu hoch für ein Parkhaus.
Nach über einer Stunde Suche und fast einer halben Stunde Fußweg zu unserer Wohnung haben wir endlich einen Parkplatz gefunden, an dem es auch einen „Betalingsautomat“ gibt. Um 03:30 Uhr sind wir wieder zurück in der Wohnung. Und während ich noch schnell etwas zu Abend esse, bereitet Anne das Sofa für die (kurze) Nacht vor. Gegen 9 Uhr sollte jemand mit dem Transporter wieder in Richtung Deutschland aufbrechen.
Auch wenig Schlaf ist ja erholsam. Kann man sich zumindest einreden. Also wieder früh aufstehen, kurzes Frühstück, um dann gemeinsam mit der Bahn zur nächsten Avis Station zu fahren. Warum? Naja, da Dänemark um 12 Uhr keine Ausländer mehr reinlässt, kann ich das Auto nicht nach Deutschland zurückbringen. Ich würde es vor 12 Uhr nicht wieder zurück nach Dänemark schaffen und käme damit nicht mehr ins Land. Ich würde mich also selbst aussperren. Anne hingegen ist hier ja bereits angemeldet und hat auch genügend Dokumente, die belegen, dass sie hier wohnt, lebt und arbeitet. Das sollte klappen — glaube ich… Also soll sie den Transporter zurückfahren. Über die Grenze müsste man sie mit all den Dokumenten ja lassen. Ob dann noch Züge von Flensburg nach Kopenhagen fahren, wissen wir nicht. Im Zweifel also zu Fuß über die Grenze und ab dem nächsten dänischen Bahnhof mit dem Zug weiter — oder… ich hole mir noch ein Auto und hole sie dort ab. Fahren kann ich ja noch; nur eben nicht über die Grenze.
Wir fahren daher zuerst zu Avis, um Anne als weitere Fahrerin für den Transporter eintragen zu lassen. Ohne Versicherung sollte man das dann doch nicht machen. Das klappt alles ohne Probleme und schnell ist Anne nun mit dem Transporter zurück auf dem Weg nach Flensburg. Vorsichtshalber haben wir ihr mal etwas Klamotten und den Laptop eingepackt. Wer weiß schon, ob das an der Grenze wirklich alles so klappt wie geplant. Dieses Mal hänge ich permanent mit am Telefon und begleite die Fahrt. Wirklich anspruchsvoll ist die Strecke nicht. Immer geradeaus, bis das Navi zum Abfahren nach Flensburg auffordert (so ungefähr). Der Grenzübertritt nach Deutschland ist kein Problem und das Auto schnell abgegeben. Es folgt ein kurzer Fußweg zum Flensburger Bahnhof. Erste Erleichterung: Tickets nach Kopenhagen werden noch verkauft und die Bahn fährt auch noch. Es bleibt also nur noch die Frage, ob auch das mit der Grenze klappt. Von Flensburg aus ist bereits der nächste Halt in Dänemark. Dort steigen Polizisten in die Bahn ein und kontrollieren die Fahrgäste. Das ist hier schon länger so und der Flüchtlingskrise geschuldet. Ab heute Mittag lassen die Beamten aber nur noch Leute mit einem „anerkennungswürdigen Grund“ über die Grenze. Auch für die Polizisten ist die Situation ungewohnt. Dennoch bleiben sie ruhig und verständnisvoll. Anne ist erleichtert. Ein Job und eine Wohnung in Kopenhagen sind tatsächlich gute Gründe und mit der hart erkämpften CPR-Karte ist der Beamte auch von der dänischen Identität überzeugt.
Die Grenzkontrolle ist geschafft und damit verbleibt nur noch eine etwa dreistündige Fahrt mit der Bahn durch dänische Landschaften. Letztendlich ist dieser Umzug trotz aller Hürden vollendet.
Noch einmal an alle Helfer ein riesiges Dankeschön! Es ist wirklich toll, dass man auf euch zählen kann! Ich möchte gar nicht wissen, wie dieser Artikel aussehen würde, wenn ich von keinen Helfern berichten würde…