Es dürfte keine neue Erkenntnis sein, wenn ich erkläre, dass Licht in der Fotografie alles entscheidet. Ohne Licht gibt es kein Foto. Aber nicht jedes Licht ist gleich. Gutes Licht zu erkennen, ist eine Kunst.
Um einen Eindruck davon zu geben, wie Licht sich verändert und wie unterschiedlich die zugehörigen Fotos aussehen können, haben wir uns in Dresden sehr viel Zeit genommen, eine bereits viel zu oft fotografierte Kulisse erneut abzulichten. Wir haben uns hierfür auf der Carolabrücke am Abend nach unserem frühen Abendessen positioniert. Wir sind nicht die einzigen Fotografen, die hier ihre Stative aufstellen. Dennoch sind wir früh genug dran, um einen guten Platz für den Sonnenuntergang zu ergattern. Was macht man nun zuerst? Natürlich, ein Testfoto!
Zu dieser frühen Zeit ist die Sonne zwar bereits am untergehen, es ist aber noch genügend Licht vorhanden, um alle Einstellungen vorzunehmen. Durch den tiefen Sonnenstand sind die Fassaden der Dresdener Altstadt bereits rot angeleuchtet. Da jedoch noch viel Restlicht vorhanden ist, sind die Beleuchtungen in der Stadt noch nicht eingeschaltet. Dies ist das typische Licht, das man bei Sonnenuntergang einfangen kann. Wartet man nun noch ein klein wenig länger, dramatisiert sich diese Stimmung noch weiter. Das Licht wird noch rötlicher, da die Sonne bereits untergegangen ist, die verbleibende Lichtmenge wird noch weniger und die Beleuchtung der Stadt wird eingeschaltet.Die Dresdener Altstadt präsentiert sich nun in einer schönen Abendstimmung. Die Stadtlichter spiegeln sich auf der Elbe und das rote Restlicht des Sonnenuntergangs bietet geradeso genug Licht, dass auch nicht beleuchtete Bereiche noch erkennbar bleiben. Dies ist der Beginn der „Blauen Stunde“. Die Zeit kurz nach dem Sonnenuntergang, in der noch Restlicht vorhanden ist, die Sonne selbst aber bereits unter dem Horizont verschwunden ist.Ihren Namen hat die „Blaue Stunde“ natürlich nicht umsonst. Einfach noch ein wenig länger an der Location verharren und die Lichtstimmung ändert sich erneut. Von dem goldroten Sonnenuntergang zu einem fantastischen Blau.
Das Blau bietet einen sehr harmonischen Kontrast zu den üblicherweise recht roten Straßen- und Stadtbeleuchtungen. Das Licht ist mittlerweile so wenig geworden, dass auf der rechten Seite das Elbufer fast nicht mehr zu erkennen ist. Leider hat die „Blaue Stunde“ auch einen Haken. Sie dauert meistens keine ganze Stunde. Im Gegenteil, das Licht ändert sich so schnell, dass man gefühlt jede Minute ein neues Bild machen müsste, um alle Situationen einfangen zu können. Deswegen sind Timelapse-Fotografien zum Sonnenuntergang ja auch so beliebt. Am Ende geht die blaue Stunde in die Nacht über. Dann ist kein Restlicht mehr vorhanden und der letzte rote Schimmer der Sonne am Himmel verschwindet ebenfalls. Was bleibt, ist ein dunkelblauer Nachthimmel und die Dresdener Altstadt.In den vier Beispielfotos oben ist dir vermutlich schon aufgefallen, dass jedes Foto für sich eine eigene Stimmung trägt. Es kommt eben immer darauf an, was du mit deinem Foto sagen willst. Für mich liegt bei diesem Motiv der Fokus klar auf der Dresdener Altstadt und ihrer Imposanz über der Elbe. Auf dem ersten Foto ist für diese Aussage zu wenig Licht auf den Gebäuden. Auf dem zweiten Bild, das mit eingeschalteter Stadtbeleuchtung, ist dies schon besser. Dennoch gefällt mir das spätere Bild zur blauen Stunde besser, da nun mehr Licht auf der Stadt als auf dem Himmel liegt. Dadurch tritt der Himmel nicht nur entfernungsmäßig sondern auch lichttechnisch in den Hintergrund und gibt der Stadt die Möglichkeit zu erstrahlen.
Bedenkt immer: Das Auge des Betrachters wandert zuerst zu den hellsten Bereichen im Bild. Durch die geeignete Wahl des Lichtes kannst du somit auch die Aussage deines Bildes unterstreichen. Zuerst müsst ihr euch also im Klaren darüber sein, was euer Bild aussagen soll. Danach könnt ihr die Lichtsituation passend wählen, so dass sie die gewünschte Aussage unterstreicht.